NEUSTART KULTUR muss auch ein NEUSTART für Freie Ensembles und Orchester sein.
Wenn es jetzt an den Erhalt von Strukturen geht, dürfen freie Klangkörper nicht kategorisch ausgeschlossen werden. Als nicht staatlich getragene, freie Organisationen gehören Freie Ensembles und Orchester explizit zu der kulturellen Infrastruktur, die mit dem Programm NEUSTART KULTUR erhalten und zur Wiederaufnahme ihres Betriebs befähigt werden soll.
Freie Ensembles und Orchester arbeiten in privat getragenen, auf Langfristigkeit angelegten Strukturen mit einer hohen Selbstverantwortung. Sie alle sind strukturell nicht von staatlichen Zuwendungen getragen – und müssen gerade deshalb jetzt bei der Vergabe der Kulturmilliarde unmittelbar und direkt berücksichtigt werden!
Als Spezialisten der zeitgenössischen und Alten Musik, als Innovationsmotor der Kunstmusik sind sie wichtige Interpreten für Festivals und Veranstalter in Deutschland und im internationalen Raum. Sie sind aber weit mehr als das: Als zentraler Knotenpunkt in der Kulturlandschaft bieten sie Beschäftigungs- und Auftragsmöglichkeiten nicht nur für ihre eigenen Mitglieder, sondern auch für zahlreiche andere Künstler*innen und Kulturschaffende: als Auftraggeber, Veranstalter und Vermittler.
Sie veranstalten eigene Konzert- und Abo-Reihen und Festivals, teilweise im eigenen Konzertsaal und sind Auftraggeber für Komponist*innen, Musiker*innen und Künstler*innen aus allen Sparten. Im Bereich der Kinder- und Jugendbildung sind sie Vorreiter mit preisgekrönten Modellprojekten und gehen langfristige Partnerschaften mit Schulen, Kindergärten und anderen Bildungs- und sozialen Einrichtungen ein.
Für Nachwuchsmusiker*innen bieten sie Akademie- und Workshop-Programme an und leisten darüber einen wichtigen Beitrag zur Professionalisierung der nachfolgenden Musiker*innengeneration. Das Angebotsspektrum ist ungemein vielfältig – freie Ensembles und Orchester sind als Multiplikatoren überall in der Gesellschaft und in der Kulturlandschaft verankert.
Im Unterschied zu staatlich getragenen Konzert- und Theaterorchestern arbeiten freie Ensembles und Orchester auf Grundlage eines fragilen Finanzierungsmodells mit hohem eigenem Risiko.
Das Jahresbudget eines freien Klangkörpers setzt sich zusammen aus zeitlich begrenzten und auf ein künstlerisches Vorhaben bezogenen Projektförderungen, Einnahmen aus Ticketverkäufen bei Eigenveranstaltungen und aus Konzertengagements. In seltenen Fällen kann ein freier Klangkörper auch auf eine kleine Struktur- bzw. Basisförderung zurückgreifen. Rücklagenbildung ist aufgrund des Zuwendungs- und Gemeinnützigkeitsrechts nicht möglich.
Fällt auch nur ein Baustein im Finanzierungsmodell weg – wie z.B. im Zuge der Corona-Pandemie die Einnahmen aus Konzertengagements und Ticketverkäufen, bricht die Finanzierungsgrundlage in sich zusammen wie ein Kartenhaus: Mitarbeiter*innen, Künstlerhonorare, Betriebskosten und Co. können nicht mehr finanziert, der Betrieb nicht mehr aufrecht gehalten werden. Gerade bei freien Klangkörpern ist eine Unterstützung der Struktur daher besonders notwendig.
Mit dem Konjunkturprogramm NEUSTART KULTUR soll die kulturelle Infrastruktur erhalten und zur Wiederaufnahme der Arbeit unter Corona-Bedingungen befähigt werden. Es wäre fatal, die freien Ensembles und Orchester nur mittelbar daran zu beteiligen.